Theater AG: Top Dogs

Ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt

Am 24., 25. und 26. Juli 2014 fand die Aufführung von Urs Widmers Stück „Top Dogs“ der Theater-AG (Leitung: Nicole Lüber und Christian Unger) des Max-Planck-Gymnasiums statt – eine äußerst unterhaltsame Sozialsatire mit eindrucksvoller Botschaft, die zum Lachen und Nachdenken anregte.

Der Markt braucht heute Monster. Monster. Monster.

Die Handlung spielt in einem „Outplacement-Center“. Hier finden sich all diejenigen Ex-Chefs und ehemaligen Topmanager großer internationaler Konzerne und Banken wieder, denen das gleiche Schicksal widerfahren ist, wie schon so vielen ihrer eigenen „normalsterblichen“ Angestellten zuvor: Sie haben ihre Arbeit verloren und stehen auf der Straße.

Was passiert eigentlich, wenn die mächtigen Managerinnen und Manager der großen Konzerne – die Chefetagen, die Macher, die, die das Sagen haben – sich auf einmal selbst wie geprügelte Hunde fühlen, weil sie gefeuert worden sind? Diejenigen eben, die – ohne mit der Wimper zu zucken! – zum Wohle der Firma ihrerseits schon selbst unzählige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in die Wüste geschickt haben? Wie kommen diese „Top Dogs“ mit der für sie ungewohnten Situation zurecht? Wie arbeiten sie das Erlebte auf? Welche Schlüsse ziehen sie aus ihrer Entlassung?

Das Personal des Stücks besteht aus acht „Top Dogs“, Führungskräften der Wirtschaft, die plötzlich aus der Bahn geraten sind und nun vor den Scherben ihres Lebens stehen. Mit Hilfe von Rollenspielen, Psychotherapie, Tanz- und Gesangseinlagen (mit Anglizismen aus dem Bereich Wirtschaft und Management), Handpuppentheater und Märchenerzählen versuchen sie, zu sich selbst zu finden. Bei der Darstellung dieser Charaktere, die unterschiedlicher nicht sein könnten, überzeugten die Schülerinnen und Schüler auf ganzer Linie.

Aufgelockert wurde ihr Spiel durch Lichteffekte, Musik- und Videoeinschaltungen, für welche die Technik-AG (Benedikt Bussemer, Robin Göltz, Sebastian und Alexander Harner, Markus Schreiter und Lukas Preiss) verantwortlich war.

Doppelt gut

In der Inszenierung der MPG-Theater-AG wurde jede Figur von zwei Schauspielern oder Schauspielerinnen verkörpert. Das sogenannte „Figurensplitting“ hatte zur Folge, dass einerseits große Massenszenen sehr viel eindrücklicher wirkten. Andererseits konnten in intimen Szenen durch die Dopplung auch verschiedene Aspekte, Charakterzüge und Emotionen der jeweiligen Figuren erarbeitet und dargestellt werden.

So schwankte die Figur des Dr. Schmidt zwischen Arroganz (René Hanauer) und Unterwerfung (Maurice Daub) und Michaela Grossmann und Amelie Banaditsch als überdrehte Karrierefrau Schönefeld stritten sich um den ersten Platz auf dem Gewinnertreppchen. Lina Brückner und Nathalie Süsser als Schiek und Nicole Ehrhardt und Chantal Keller als von Wittelsbach wollten sich gegenseitig durch Lauftraining dabei helfen, wieder fit für den Markt zu sein. Vanessa Dugmore und Anna-Lena Wittich gaben die bissig-scharfzüngige Trainerin Jacobs mit großer Spielfreude und auch Leonie Hahn und Sophia Krautter glänzten als schwatzhafte Jenkins.

Der Handel ist Krieg. Blut und Tränen.

Pointiert stellten die jugendlichen Schauspielerinnen und Schauspieler die Gierkultur vieler Führungskräfte unserer Gesellschaft dar und machten gleichzeitig auf die Not solcher Menschen aufmerksam. Im Verlauf des Stücks gab es dann eine spannende Entwicklung zu beobachten: Nach und nach verabschiedeten sich die „Top Dogs“ aus ihrer gewohnten Welt voller Partys, Villen und teuren Autos. Langsam bröckelte die Fassade, das aufgesetzte Lächeln verschwand, und man konnte einen Blick auf die Menschen hinter den grauen Anzügen oder Designerkleidern werfen. Ein Sonderlob verdienen Paul Quast und Jonas Fitting für die Darstellung des weinerlichen Büttner-Schwesig, die den Zuschauern die Lachtränen in die Augen trieb. Tobias Kunz, der sich mit Mika Wagner die Rolle des Minulbi teilte, brachte auf eindrucksvolle Weise einen Manager auf die Bühne, dessen Hass auf seinen Chef sich als Konsequenz auf seine Kündigung bis hin zu Mordfantasien steigert.

Maschinenmenschen mit Maschinenköpfen und Maschinenherzen

Ein letzter Kniff der Inszenierung war der Einsatz zweier Kommentatoren (Judith Quast und Theresa Kunz). Zwischen den Szenen und manchmal auch mitten während eines Gesprächs traten sie in den Vordergrund und zitierten aus Geraint Andersons Kolumne „Cityboy – Geld, Sex und Drogen im Herzen des Londoner Finanzdistrikts“ – der Abrechnung eines hochrangigen Investmentbankers mit Vertretern seines Berufsstandes. Amüsiert und kritisch nahmen die „Sieben Regeln zur Vermeidung von Kündigungen“ (wie der „Anonyme-Alkoholiker“-Trick, das „Tunten“-Manöver“ oder die „Denunzianten“-Masche) und die „Geheimnisse, wie man ein erfolgreicher City-Analyst wird“ Bezug auf die Handlung des Stücks.

Eine kritische Ansprache mit Hinweis auf die Finanzkrise und einem Appell zu mehr sozialer Gerechtigkeit, die Erinnerungen an Charly Chaplins „Rede des großen Diktators“ weckte, bildete den Höhepunkt der Aufführung.

Mit begeistertem Beifall belohnte das Publikum alle Beteiligten für ihren Einsatz.